von Mariella Orasch
In Teil 1 meines Blog-Beitrages zu nachhaltigem Tourismus habe ich euch erzählt, mit welchen Fragen ich mich während der Recherche für meine Bachelorarbeit beschäftigt habe. Weiters habe ich zusammenfassend dargestellt, dass es drei große Barrieren gibt, die den Erfolg von nachhaltigem Tourismus noch immer sehr einschränken.
Als erste Hürde habe ich das Greenwashing näher beschrieben (siehe Teil 1). Ein Unternehmen verkauft sich als nachhaltiger als es tatsächlich ist, um KonsumentInnen bewusst zu täuschen und so nur noch mehr Profit aus dem Nachhaltigkeitshype zu schlagen. Die nächste große Barriere habe ich „Labeldschungel“ genannt. Es gibt schlichtweg viel zu viele Ecolabels am Markt, die Touristen können diese teilweise überhaupt nicht zuordnen. Außerdem sorgen die ständigen Veränderungen und der stetige Zuwachs an neuen, unklar gestalteten Labels für Verwirrung und Vertrauensverlust. Das letzte Problem, welches ich in Teil 1 meines Blog-Beitrages genannt habe, war die Einstellungs-Verhaltenslücke. Selbst Personen, die in ihrem täglichen Leben einen sehr nachhaltigen Lebensstil verfolgen, verhalten sich im Urlaub total gegensätzlich. Weiters hat man herausgefunden, dass sich die meisten Personen unter nachhaltigem Tourismus nichts vorstellen können und es als zu kompliziert ansehen, ein nachhaltiges Angebot zu finden.
Die drei Säulen der Nachhaltigkeit
Wie sieht nachhaltiger Tourismus überhaupt aus? Bei Tourismus, wie auch bei allen anderen Bereichen, sprechen wir von drei Formen der Nachhaltigkeit. Neben dem Umweltaspekt muss Tourismus ebenfalls sozial und wirtschaftlich nachhaltig sein. Soziale Nachhaltigkeit umfasst zum Beispiel die Arbeitsbedingungen der Arbeitskräfte in einem Land. Respekt gegenüber der Landeskultur spielt hierbei auch eine große Rolle. Haben wir nicht alle schon einmal einen riesen Hotelkomplex gesehen, der an einen spirituellen Ort gebaut wurde, um für die Touristen noch mehr Mehrwert zu schaffen? Für die lokalen Personen ist dies aber eine Verletzung ihrer kulturellen Werte. Wirtschaftlich nachhaltig ist Tourismus dann, wenn ein großer Teil seiner Einnahmen an lokale Kommunen zurückfließen. Wichtig ist, dass die lokale Wirtschaft durch Tourismus gestärkt wird und das Geld nicht wieder nur an riesengroße multinationale Hotelketten und Tourismusagenturen fließt.
Tourismus als Klimasünder
Was die Umwelt angeht so ist Tourismus hier einer der größten Mitverursacher des Klimawandels. Dies ist zum größten Teil auf den Transport zurück zu führen – Flugzeuge, Busse, Mietwagen. Neben diesen Aspekten muss aber auch verdeutlicht werden, dass vor allem Hotels die meisten Regeln der Nachhaltigkeit verletzten, denn es kostet wahnsinnig viel Energie jeden Tag Bettlaken und Handtücher zu waschen, einen Pool täglich neu mit Wasser zu befüllen, ein riesen Gartenareal zu bewässern und jeden Tag zum Frühstück Einweggeschirr zu verwenden, obwohl Hotels auch ohnedies als enorme Abfallproduzenten gelten. Klimaanlagen, Heizungen und Bewässerungssysteme sind vor allem in ärmeren Ländern teils so veraltet, dass sie für die Umwelt wahnsinnig belastend sind.
Die Schattenseiten der Hotellerie
Wichtig ist, dass Nachhaltigkeit immer mittels des Gesamtbildes bewertet wird. Wenn ein Hotel beispielsweise in neue Technologien investiert, um keinen allzu großen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen ist dies vorbildlich, wenn jedoch die Arbeiter und Arbeiterinnen in dem Hotel noch immer keine fairen Löhne bekommen und für den Bau des Hotels zuerst 1.000 km² Regenwald abgeholzt wurde, weil es ja ein „besonderes Erlebnis“ ist, mitten zwischen den Kultvölkern des Amazonas zu nächtigen, dann ist dieses Hotel trotzdem nicht als nachhaltig einzustufen.
Tipps zum nachhaltigen Reisen
Ist es angesichts all dieser Tatsachen nun wirklich so kompliziert, nachhaltig zu verreisen? Ich sage: nein!
- Bleibt doch länger an einem Ort, anstatt rastlos durch die Gegend zu fahren. Ihr tut der Umwelt damit was Gutes.
- Benützt öffentliche Verkehrsmittel – auch im Urlaub.
- Den Fleischkonsum auch im Ausland niedrig zu halten ist nicht schwierig.
- Ihr wollt den lokalen Fisch probieren? Großartig! Kauft ihn doch gleich einem lokalen Fischer ab.
- Besucht Nationalparks und lasst euch etwas über die Kultur und Natur erzählen – geht dabei sicher, dass das Geld für die Eintrittskarten den lokalen Kommunen zu Gute kommt. Gebt ihnen eine Stimme!
- Wusstet ihr, dass es Ecolodges gibt? Solche kleinen Unterkünfte werden komplett aus nachhaltigen Materialien konstruiert und sind außerdem energieautark. Zum Frühstück, Mittag- und Abendessen gibt es lokale Speisen.
- Und solltet ihr wirklich in einer riesen Hotelkette landen, hinterfragt die Nachhaltigkeit des Hotels. Fordert lokale Speisen, lasst eure Bettlaken und Handtücher nicht jeden Tag waschen und sprecht das Management an, auf die Arbeitsbedingungen der Personen dort. Fragt sie, was sie machen, um lokale Menschen für den Job zu qualifizieren.
Nachhaltiger Tourismus: Erfolg oder Mythos? Derzeit wird nachhaltiger Tourismus nur von einem sehr geringen Teil der Touristen wirklich wahr- und angenommen. Ich persönlich reise sehr gerne und könnte mir ein Leben ohne Reisen nicht vorstellen. Wir leben in einer Generation, die ihre neu entdeckte Mobilität zu ihrem Vorteil nützt. Wir können jeden Tag mit Millionen Menschen quer über den Planeten kommunizieren. Quer über den Planeten zu reisen war noch nie so einfach und günstig. Unsere Eltern und Großeltern hatten diese Möglichkeiten nicht. Ich denke nicht, dass es nachhaltig ist auf Tourismus komplett zu verzichten, denn Reisen fördert ein gegenseitiges Verständnis für die Kultur und den Hintergrund des anderen und dieses Verständnis ist in unserer multikulturellen Welt unabdingbar. Ich denke aber, dass es sehr nachhaltig ist, auf gewisse Arten von Reisen zu verzichten, nämlich auf jene, bei denen man rastlos mit dem Mietauto von einem Ort zum nächsten fährt, in einer riesigen Hotelkette übernachtet und auf die Menschen des Landes nur am Pool liegend, sein Coca Cola schlürfend aus der Ferne starrt.




