RECAP: Wilderness Camp 2019

RECAP: Wilderness Camp 2019

“Wie man in den Wald ruft…”

…. bekommt eine ganz andere Bedeutung, wenn man sich alleine mittendrin befindet. Denn hier rufen wir nicht… wir hören hin. Und irgendwo zwischen den hämmernden Spechten, rauschenden Flüssen und den im Wind knackenden Bäumen finden wir diese unglaublichen Geschichten, die uns noch nie jemand erzählt hat. Geschichten, die keine Worte brauchen, um uns in ihren Bann zu ziehen. Geschichten, die man nicht einfach so niederschreiben kann, sondern selbst erleben muss.

Im Juli 2019 machten sich 18 junge Menschen aus ganz Österreich auf den Weg, um die heimische Wildnis zu entdecken. Gemeinsam mit dem Biologen und Wildnis-Guide Bernd Pfleger verbrachten sie vier Tage in der steirischen Abgeschiedenheit und lernten dort, was es bedeutet, dem Ruf der Wildnis zu folgen….

…..endlich ist es soweit, Tag X ist angebrochen. Und wieder einmal sitze ich im Zug, herausgerissen aus meinem Alltag und mich überkommt dieses unglaubliche Gefühl, wenn eine Idee allmählich in der Realität Form annimmt. Ich erinnere mich noch sehr gut an diesen warmen Frühlingstag vor einem halben Jahr, als ich mit Flo und Judith in Scharnstein gesessen bin und wir über diesen Tag gesprochen haben. Wir waren gerade dabei, die Youth Wilderness Ambassadors zu gründen, unser Fundament zu bauen und Ziele irgendwo in der Ferne zu stecken. Weder hatten wir ein Budget, noch einen großen Plan. Aber wir hatten eine romantische Vorstellung von diesem einen Moment, wenn eine willkürlich zusammengewürfelte Truppe an Menschen aus den Zügen steigt und zu einer Gruppe wird, die es vorher noch nicht gegeben hat.

Als wir also am 22. Juli aus den unterschiedlichsten Ecken und Enden des Landes in Liezen eintrafen, führte unser erster Weg einmal zum nächstgelegenen Supermarkt, wo wir uns für die nächsten Tage mit Proviant eindecken sollten. Und das war gleichzeitig auch schon mal die erste große Herausforderung. Denn wie sieht ein gesundes Maß aus, zwischen simpler Verköstigung und leichtem Gepäck? Schließlich müssen wir alles, was wir für 19 Leute brauchen auch über 1000 Meter auf unseren Rücken hinauftragen. Regional sollte es am besten auch noch sein und vegan – oder zumindest vegetarisch. Was passiert, wenn wir zu wenig einkalkulieren? Werden wir in der Natur etwas finden, das unseren Speiseplan bereichert? Wie groß ist der Appetit dieser noch unbekannten Meute? Wie anstrengend werden die nächsten Tage sein?

Eine knappe Stunde und drei Einkaufswägen später hatten wir alles untereinander aufgeteilt und starteten unsere Reise nach Weißenbach. Am Ausgangspunkt unserer Wanderung angekommen, wurde es erst einmal Zeit, uns alle ein wenig kennen zu lernen. Zumindest die Namen wären gut zu wissen, denn irgendjemanden muss man für diesen hammerharten Aufstieg schließlich verfluchen können 😉 ….zugegebenermaßen haben auch wir die bevorstehende Tour vielleicht ein klein wenig unterschätzt. Samt Gepäck und Essen können sich 1100 Höhenmeter bei sengender Hitze schon mal anfühlen wie ein Trailrun auf den Großglockner. Aber irgendwie haben wir das alle mehr als gut überstanden und die Freude war umso größer, als wir nach 5 Stunden das Quartier erreicht haben. Und ich schwöre euch – jeder einzelne Schweißtropfen hat sich mehr als ausgezahlt, denn ich habe in meinem Leben kaum ein ehrlicheres Plätzchen besucht, wie das abgelegene Plateau, auf dem sich die Liezener Hütte befindet. Nachdem es schon langsam zu dämmern begann, verbrachten wir den ersten Abend damit, unser vorzügliches Nachtmahl am Lagerfeuer einzunehmen und die nächsten Tage zu besprechen. Natürlich durften auch die obligatorischen Lagerfeuergeschichten nicht fehlen….

Die nächsten Tage waren gefüllt mit einer angenehmen Mischung aus Gegend erkunden, Gipfel stürmen, Spuren lesen, Solosits, Anschleich-Übungen, Geschichten von Abenteuern alleine in der Wildnis und Bändern, die zwischen uns geknüpft wurden. Und jeden Abend natürlich ein Lagerfeuer, das wir ohne die Hilfe eines Feuerzeuges entzündeten (ok, „wir“ ist jetzt vielleicht nicht ganz richtig – aber theoretisch wissen wir jetzt auf jeden Fall einmal, wie es funktioniert). Während einige von uns die Nächte im Freien unter dem unglaublichen Sternenhimmel verbrachten, zogen es die meisten vor, sich ins Matratzenlager zu kuscheln.

Ich muss sagen, mittlerweile hat die Liezener Hütte einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen und ist, wenn ich so darüber nachdenke, auch der schönste Ort, an dem ich 2019 gewesen bin. Denn dort, wo die schroffen Gipfel des Toten Gebirges nahtlos in die funkelnde Milchstraße übergehen, wo sich zwischen Zirben und Latschen das Birkhuhn versteckt und es nichts gibt außer dir und dem, was du mitgebracht hast, dort habe ich mich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder so richtig frei gefühlt. Freiheit beginnt irgendwo im Kopf und bedeutet für mich, bewusst von dem loszulassen, was mir Sicherheit gibt. Keinen Alltag zu haben und mich jeden Tag für ein neues Abenteuer zu entscheiden. Es bedeutet, Abends am Lagerfeuer zu sitzen und Geschichten aus einem anderen Leben zu erzählen. Freiheit heißt für mich auch, meine Grenzen zu verschieben und mit jedem Gipfel über mich hinauszuwachsen. Eins zu sein und die Natur nicht einfach nur zu beobachten, sondern zu erleben. Das alles passiert nicht einfach so….sondern beginnt immer mit dem ersten Schritt. Allerdings brauche ich für genau diesen einen Schritt manchmal ein wenig Hilfe…und die habe ich in den vier Tagen definitiv erhalten. Durch die Gruppe, durch Bernd und durch diesen magischen Ort.

Auch, wenn der ganze Trip vielleicht doch nicht allzu “wild” oder survival-lastig war, so war es die Natur um uns auf jeden Fall. In diesen vier Tagen hat sie uns eingeladen, sie mit all unseren Sinnen zu erleben. Und in meinen Augen war es genau die richtige Balance für unser erstes Projekt als Youth Wilderness Ambassadors. Denn nur, was man bekanntlich kennt, kann man auch schützen. Und kennenlernen kann man etwas nur, wenn man sich darauf einlässt und es erlebt.

Auf jeden Fall schreibe ich das alles jetzt nicht nur, um euch zu erzählen, was für eine großartige Zeit wir hatten. Viel mehr möchte ich nämlich davon erzählen, was für eine unglaubliche Natur uns hier umgibt! Mit steilen Schluchten, hohen Wasserfällen, schroffen Gipfeln, saftigen Almwiesen, urigen Hütten, bescheidener Abgeschiedenheit, herzlichen Menschen, wilden Tieren und lebendigen Wäldern. Zwar weiß man das ja irgendwie eh, aber so intensiv erlebt habe ich es bisher selten. Allem voran habe ich allerdings wieder einmal vor Augen geführt bekommen, wie schützenswert und fragil unsere Natur ist, wie sehr wir uns teilweise von ihr entfernt haben, was sie einem alles beibringen kann und dass man nicht weit fahren muss, um sich in ihr zu verlieren.

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© Fotos und Story von Ariane Wrumnig

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